Eines der überraschendsten Ergebnisse des Vertiv-Berichts über die kritischsten Branchen war die Berücksichtigung der „Smart Cities“.
Smart Cities belegten in dieser Rangfolge Platz 7 hinter der Verteidigungsbranche auf Platz 6 und dem Bereich Cloud und Colocation auf Platz 5.
Es ist ein Leichtes, Argumente für die besondere Wichtigkeit dieser und anderer im Bericht genannter Branchen zu finden, z. B. kommunale Versorger, Telekommunikation und Nahverkehr. Schließlich erbringen diese Branchen Dienstleistungen, die wir jeden Tag in Anspruch nehmen und viele von uns wissen aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn es in diesen Bereichen zu Ausfällen kommt.
Doch das Konzept der „Smart Cities“ ist noch so neu, dass oftmals noch nicht bekannt ist, was sich hinter diesem Begriff genau verbirgt, ganz zu schweigen davon, dass Einigkeit darüber besteht, dass es sich bereits um eine der weltweit sieben kritischsten Branchen handelt.
Zum Verständnis: Wir verstehen unter Smart City „die Vision einer städtischen Entwicklung, bei der verschiedene Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und IoT-Lösungen (Internet of Things) auf sichere Art und Weise in die Verwaltung städtischer Einrichtungen einfließen, beispielsweise IT-Systeme örtlicher Behörden, Schulen, Bibliotheken, Transportsystemen, Krankenhäusern, Kraftwerken, Wasserversorgungssystemen, Abfallwirtschaftssystemen, Exekutivorgane und andere kommunale Einrichtungen“.
Diese Definition vermittelt Ihnen einen Eindruck davon, welchen weitreichenden Einfluss Smart Cities haben können: Sie machen viele Dienstleistungen und Systeme, die unser modernes Leben erst möglich machen, intelligenter.
Dennoch stellt sich auch weiterhin die Frage, ob sich Smart Cities nicht doch noch in einer zu frühen Entwicklungsphase befinden, um bereits als Branche von kritischer Bedeutung zu gelten? Vielleicht. Doch je genauer man sich mit dem Thema Smart Cities auseinandersetzt, umso mehr stellt man fest, wie schnell sich diese Entwicklung vollzieht und wie wichtig sie ist.
In China stieg die Bevölkerungszahl in Städten zwischen 2000 und 2015 um ca. 320 Millionen Menschen – das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl der USA. Diese wachsenden Städte müssen auf Technologie setzen, um die sich aus dem Urbanisierungstrend ergebenden Herausforderungen bei Verkehr, öffentlicher Sicherheit, Nachhaltigkeit und Lebensqualität zu bewältigen. Smart Cities versprechen vielfältige Lösungsansätze für all diese Probleme.
Diese Entwicklung vollzieht sich in raschem Tempo. In Asien, u. a. in China, Korea und Japan, ist bereits eine starke Entwicklung hin zu Smart-City-Technologien erkennbar und diese Länder setzen, mithilfe von stabilen Wireless-Infrastrukturen und Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und Industrie, Programme für intelligente Beleuchtungssysteme, Messeinrichtungen, Gebäude, erneuerbare Energien und Katastrophenmanagement um.
So ist zum Beispiel in Japan kürzlich ein intelligentes Katastrophenmanagementprogramm angelaufen. Es umfasst ein Notfallwarnsystem, das einen Alarm aussendet, um die Behörden und die Bevölkerung vor drohenden Naturkatastrophen zu warnen und besonders gefährdete Bereiche erkennt, um schneller auf die Gefährdungslage reagieren und die erforderlichen Ressourcen möglichst effektiv bereitstellen zu können. In China planen mehr als 500 Städte, darunter 95 Prozent der Provinzhauptstädte und 83 Prozent der Präfekturstädte, den Übergang zu einer sogenannten „Smart City“.
Asien mag bei diesem Trend führend sein, doch das Wachstum ist nicht auf diese Region beschränkt. Laut einem Bericht der National League of Cities investieren derzeit 66 Prozent der Städte in den USA in Smart-City-Technologien und 25 Prozent der Städte, die bisher noch keine Smart-City-Technologie einsetzen, prüfen deren mögliche Umsetzung.
Auch wenn man zweifellos Argumente dafür finden könnte, die Smart Cities in der Rangfolge der kritischsten Branchen 2017 hinter anderen Branchen einzuordnen, ist es gewiss nicht verfrüht, diesem Trend eine besondere Bedeutung beizumessen. Im Zuge der technischen Entwicklung, die sich in atemberaubenden Tempo vollzieht, könnten sich Ausfälle bei Smart-City-Technologien rasch als ebenso schwerwiegend erweisen wie in höher eingestuften Bereichen wie dem Nahverkehr.
Die Aufnahme der Smart Cities in die Liste der kritischsten Branchen 2017 ungeachtet des noch unausgereiften Entwicklungsstands ist als Prognose zu verstehen, in der sowohl das Tempo der Entwicklung als auch die Anwendbarkeit auf zahlreiche täglich in Anspruch genommene Dienstleistungen und Systeme Berücksichtigung finden. Allerdings sollten Smart Cities nicht erst in Zukunft, wenn sich diese Technologie bereits etabliert hat, als Bereich von besonderer Bedeutung betrachtet werden. Vielmehr sollten wir dies jetzt schon tun.